Grand Combin de Grafeneire (18. – 20. Mai 2018)

„Der Gipfel der Superlative, der mit seiner Vergletscherung aussieht wie ein Berg im Himalaja. Eine Tour für den Frühling, die alles bietet.“ So beschreibt der SAC Skitourenführer die Tour auf den Grand Combin im hinteren Val de Bagnes.

Diese Zeile hatte sich bei der ersten Lektüre in unser Gedächtnis eingebrannt. Als der Hüttenwart der Cab. Panossière sehr gute Verhältnisse meldete und die Wettervorhersagen fürs Pfingstwochenende auch mehr oder weniger stimmen sollten (je nachdem, welchen Modellen man Glauben schenkte), hielt uns nichts mehr zurück. Weil das Wetter aber von Tag zu Tag instabiler wurde, starteten wir einen Tag früher als geplant. So vermieden wir den Ansturm an Pfingsten und erlebten eine unvergessliche Skitour.


Freitag: Hüttenzustieg Mayen du Revers – Cabanne Pannossière
Die Schneelage im Gebiet war noch gut. Nach einer knappen Stunde Tragezeit erreichten wir eine geschlossene Schneedecke.

Abstieg auf dem Winterweg in die Schlucht der Dyure de Corbassière. Der Sommerweg ist zur Zeit noch heikel.

Ankunft bei der Cabanne Panossière zur Mittagszeit. Die Hitze während den letzten Metern war quälend.

Freie Sicht auf den Glacier de Corbassière und die Krone des Grand Combin mit seinen drei Gipfeln bei Ankunft an der Hütte.

Samstag: Grand Combin de Grafeneire
Für den Nachmittag waren mögliche lokale Gewitter vorhergesagt. So riss uns der Wecker bereits um 2h20 aus dem kurzen Schlaf. Zusammen mit zehn weiteren Tourengängern starteten wir im Schein der Stirnlampen als erste in die dunkle Nacht. Obwohl der Himmel bedeckt war und es kaum abstrahlen konnte, war die Schneedecke auf dem flachen Gletscher meist tragend. Ein gelegentlicher Blick aufs GPS liess uns vergewissern, dass wir auf der Route waren.
Auf 3650m tauschten wir die Skier mit Steigeisen und Pickel und stiegen auf der Westseite des Grand Combin durchs Couloir de Gardien auf.

Am Fusse des Couloir du Gardien. In der Sonne der Mont Blanc.

Im mittleren Teil des Couloir du Gardien. Wir blieben solange wie möglich ausserhalb der Fallline der Séracs beim Ausstieg des Couloirs.

Beim Ausstieg setzten wir ein paar Eisschrauben. Thomas im Vorstieg.

Das weite Plateau nach dem Ausstieg. Noch 300hm trennten uns vom Gipfel. Wir seilten uns wegen den grossen Spalten an.

Auf dem grossen Plateau machten einige Tourengänger noch den kleinen Umweg über den Combin de Valsoray. Aufgrund der Wettervorhersage und mangelnder Akklimatisation stiegen wir direkt weiter auf den Hauptgipfel Combin de Grafeneire (4314m), den wir nach 6.5 Stunden um 9h30 erreichten.

Für die Abfahrt wählten wir die ehemalige Normalroute über „Le Corridor“, eine Rampe die quer durch die gewaltigen Felsbänder und Hängegletscher der Nordflanke des Grand Combin führt. Diese wird heute wegen Eisschlaggefahr nicht mehr im Aufstieg begangen. In der Abfahrt wird die objektive Gefahr aber als vertretbar angesehen und die Route entsprechend oft gemacht. Wir traversierten vom Gipfel mit den Skis entlang der Aiguille de Croissant und über die steile Mur de la Côte an den den Beginn des Corridors. Die unglaubliche imposante Route durch diesen Corridor befuhren wir zügig und ohne Fotopause. Die darüberliegenden Eisabbrüche, die man dabei mit Demut und Ehrfurcht passiert, waren gewaltig. Und das Abrutschen über das Eistrümmerfeld stellte die Oberschenkel zum Schluss noch auf eine harte Probe.

Unten auf dem Plateau de Déjeuner gönnten wir uns die erste längere Rast des Tages und genossen dann die mühelose Abfahrt in schönem Sulz. Erst auf dem flachen Gletscher mussten wir etwas schieben, um das Tempo halten zu können. Das Timing war gut: bei der Ankunft bei der Hütte fielen ein paar Schneeflocken. Gewitter blieben jedoch auch am Nachmittag gänzlich aus.

Kurz nach der Ausfahrt aus Le Corridor auf dem riesigen Glacier de Corbassière. Hinter uns macht’s zu.

Sonntag: Petit Combin
Für den Sonntag wählten wir ein entspannteres Ziel. Wir starteten nach den vielen Grand Combin-Pfingst-Aspiranten um 5 Uhr als einzige Gruppe zum Petit Combin. Nach den wenigen Schneeflocken des Vortags und der klaren Nacht war der Schnee angenehm zu gehen und nur der steile Hang vor dem namenlosen Pass P. 3563 forderte uns heraus.

Lange Schatten kurz vor dem namenlosen Pass P. 3563.

Im Nebel kurz vor der Ankunft auf dem Pass. Der letzte Schlusshang im harten Lawinenschnee war sehr steil und auch mit Harscheisen anspruchsvoll für eine WS- Tour.

Die Wettervorhersage war schlechter als am Vortag und tatsächlich wurden wir bei der Ankunft auf dem Pass in Nebel gehüllt. Unten raus war die Sicht allerdings gut uns so entschieden wir, nicht auf den Gipfel zu steigen, dafür aber die direkte Abfahrt über den Glacier des Follâts zu wählen. Es erwartete uns die perfekte Frühlingsabfahrt.

 

Kurz vor der Abfahrt auf dem Pass. Hinten der Combin de Corbassière.

In der Direktabfahrt auf dem Glacier des Follâts.

Wir haben den idealen Zeitpunkt erwischt und ziehen die ersten Spuren des Tages in den perfekten Sulzschnee.

Das einzige Foto von Sarah in der Abfahrt. Sie war einfach zu schnell für Thomas‘ Linse.

Auch im unteren Teil der Abfahrt findet Thomas die beste Line.

Auf dem flachen Gletscher war der Schnee noch recht hart und unten in der Schlucht warteten fiese, harte Regenrillen auf uns. Es war beeindruckend, wie stark der Schnee um unteren Teil der Route zurückging. Die massive Käseschnitte in der wunderbaren Dorfbeiz „Le Mazot“ in Fionnay beendete die eindrückliche Tour würdig.

 


Route Freitag: Meyen du Revers (1410m) – Schlucht – Cab. Panossière (2641m) [Route 53a, 1330 hm, WS+]

Route Samstag: Cab. Panossière (2641m) – Plateau de Déjeuner – Couloir du Gardien – Combin de Grafeneire (4314m) – Mur de la Côte – Le Corridor – Cab. Panossière [Routen 420a & 420b, 1750hm, S+]

Route Sonntag: Cab. Panossière (2641m) – Col P. 3563m – Glacier de Corbassière [Routen 430a & 431b, 1000hm, WS- (eher ZS)]

TN: Thomas, Sarah, Marco B.

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