Forno-Fasnachtstouren (9. – 13. März 2019)

Wieder einmal an Fasnacht macht das Wetter dicht und macht die geplante Unternehmung im Rätikon unmöglich. Nur der ferne Süden bietet Hoffnung auf einigermassen stabile Verhältnisse.

Der Weg ins Val Forno

Eindrücke wie am Mont Blanc – im gewaltigen Forno-Kessel

Das Val Forno ist das oberste Seitental des Bergell/Val Bregaglia. Am Samstag vorm Basler Morgestraich fahren wir nach Maloja, am oberen Ende des Engadins, wo der sanfte Aufstieg ins Val Forno beginnt. Erst folgen wir einer Loipe, dann geht es ab Plan Canin ins vergletscherte Hochtal, das mit seinen Felskulissen etwas ans Mont Blanc-Gebiet erinnert. Das Ende des Hüttenzustiegs ist steil – mehrere Wege sind möglich, aber keiner unter 35 Grad.

 

Heimelig und warm (mit Platz für Planung, Apero und Fondue)

Die Capanna Forno (SAC Rorschach) ist gemütlich, heimelig und hat exzellente Bewartung. (Vor ein paar Jahren wurde sie kurzzeitig im Flachland bekannt als der Hüttenwart als Reaktion auf die „Masseneinwanderungsinitiative“ eine EU-Flagge vor seiner Hütte hisste. Sie weht immer noch – und wie man am Klo im Keller lesen kann, schmeckt das nicht jedem.) Uns jedenfalls schmeckt das Essen (u.a. Fondue) hervorragagend. Hüttenwart Beat und sein Team kennen ihre Gäste allesamt beim Namen und servieren jeden Abend gegen 6 Uhr ein Apero. Sehr empfehlenswerte Unterkunft!

Am 2. Tag (Sonntag) planten wir einen Übergang für eine Nacht in die (unbewartete) Albigna-Hütte, ein Tal weiter im Westen. Doch die unsichere weitere Wetter- und Lawinenentwicklung bewegen uns, im Val Forno zu bleiben. Daher folgen wir am Sonntag der Route 740a (ZS-) nur bis unter die Felswand der Cima di Castello (3374m), kehren vor der Steilstufe auf ca. 3150m um (bei den angetroffenen Verhältnissen schwer zu überwinden), und machen auf dem Rückweg zur Hütte noch einen Abstecher unter die eindrucksvolle Nordwand der Cima di Rosso und zum östlichen Passo di Val Bona. Ein Teil der Gruppe fährt dann noch ins Val Bona ab (Route 720c) und kommt über die Sella del Forno (WS) zurück zur Capanna.

Das Wetter gebietet, im Val Forno zu bleiben, statt eventuell am Folgetag auf Albigna festzusitzen

Am Montag ist ab spätem Vormittag Sturm angesagt, Böen über 100km/h möglich. Also früh raus, nur eine kurze Rundtour, 4-5 Stunden, gegen den Uhrzeigersinn um den Monte del Forno und die Pizzi dei Rossi herum. Route 710a führt über eine 40-Grad Steilstufe zum Südgrat des Monte del Forno (ca. 2950m), von dort Route 710d folgend über weite, sanfte Osthänge (voller super fahrbarem Triebschnee) hinunter. Kurzes anfellen, dann nordwärts sanft durch den Passo del Muretto (2580) zum Plan Canin. Beim Rückweg zur Hütte durchs Val Forno erwischt uns der Sturm mit voller Wucht: Whiteout und Sturmwind. Zum Glück kennen wir inzwischen den Weg.

Aufkommender Sturm … und Drang, schneller zu gehen

Am Dienstag, nach stürmischer Nacht, schlagartig grand bleu! Monte Sissone (ZS-) und Cima di Rosso (ZS-) bieten sich als Gipfelziel-Paar am Ende des Val Forno an; beides Schweiz-Italien-Grenzgipfel. Erst flach, dann steiler und etwas spaltenreich (Route 723) geht es zum Passo Sissone hinauf, von dort aus auf Steigeisen über den flachen Gipfelgrat bis zu einem kurzen aber schmalen und ausgesetzten Gipfelaufschwung. Der Blick vom Monte Sissone ist an diesem klaren Tag gewaltig und reicht von den Bernern über die Vanoise immer weiter südlich bis zur Pyramide des Monte Viso, den Seealpen, und letztlich im Süden sogar zum Appenin. Ja, man kann von der Schweiz aus den Appenin sehen!

Monte Sissone – prachtvoller Aussichtsgipfel, mit Blick zum Monte Disgrazia (und Appenin)

Am Nachbargipfel Cima di Rosso

Nach einer sonnigen Mittagspause unter der Cima di Rosso reicht es manchen; ein Rest macht sich zum Gipfel der Cima auf, der durch ein unschwieriges aber steiles Couloir, dann zu Fuss über den Ostgrat erreicht wird. Dieser Berg ist erheblich unschwieriger als der ausgestzte Sissone. Wieder eine gewaltige Aussicht, gefolgt von einer Traum-Pulverabfahrt (alles Triebschnee, der Sturm lässt grüssen) hinunter in den Forno-Kessel.

Tag 5: Abreise, aber wie? Zwei Übergänge nach Norden in Richtung Maloja bieten sich an, entweder 1. über die Nordflanke der Pizzi dei Rossi (R. 711a/b, ZS+) oder 2. über die Nordflanke des Monte del Forno (R. 710b, ZS-, Übergang auf ca. 3100). (Hinweis: R. 710b ist auf SwissMap falsch eingetragen. Die Route führt auf der Karte durch felsiges, nicht passierbares Gelände. Man folgt zuerst R. 711a und erreicht den Pass in einem Bogen.) Wir entscheiden uns für Numero 2, mit steilem Fussaufstieg zum Übergang. Die Abfahrt führt uns anfangs in anspruchsvolles Skigelände, insbesondere an steileren, felsdurchsetzten Stellen mit noch mangelnder Schneeauflage; überdies variiert die Sicht, was die Orientierung erschwert. Als die Sicht wieder klarer wird, folgen wir bei der Abfahrt, um den besten Schnee im Kessel zwischen Monte del Forno und Pizzi dei Rossi zu nutzen, dem nach Osten abzweigenden Felsriegel.

Diffuse Sicht erschwert die Wegfindung im Nordhang

Der Schnee taugt – doch die Dynafit-Bindung des Autors dieser Zeilen geht gerade jetzt frühzeitig in den Ruhestand. Mit Kabelbindern lässt sich für die letzte Abfahrt gerade noch ein Behelf schaffen. Das Phänomen ist offensichtlich als „exploding binding problem“ (https://www.tetongravity.com/forums/showthread.php/299284-Exploding-Dynafit-Radical-Heels) bekannt. Man sollte ab und zu nachsehen, dass sich die Platten über den Fersen-Stöpseln nicht heben können, sonst bricht die hintere Bindung irgendwann. In meinem Fall waren es die kleinen Schrauben, welche die ganze Bindung von oben zusammenhalten, die gebrochen sind.

Schwerwiegende Bindungsprobleme

Die letzten wenigen hundert Höhenmeter Abfahrt geht noch alles gut, dann erreichen wir zufrieden (und warm) den Parkplatz in Maloja. Als Ski-, Hochtouren- oder auch Wanderrevier werden wir das Val Forno sicher wieder ansteuern – auch des herzlichen allabendlichen Aperos in der Capanna zuliebe. Danke Beat & Co!

Dabei waren: Marco, Vera, Süli, Liselotte, Thomas, Seb (GUMS Paris), Phil (TB-Autor).

 

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